Juan Carlos Onetti
Willkommen, Bob
Gesammelte Erzählungen
Buch
Zu dem Direktor einer heruntergekommenen Theatertruppe in einer argentinischen Provinzstadt kommt eine Frau, nicht mehr jung, aber merkwürdig zeitlos gekleidet und frisiert, und bittet ihn, ein Stück von ihr aufzuführen. Der routinierte Theatermann glaubt zu verstehen: eine Dilettantin, die rasch abzufertigen ist. Aber die Frau insistiert, es gehe nicht um Literatur, sagt sie, sie brauche kein Publikum. Einen Titel hat das nicht aufgeschriebene Stück auch, Ein verwirklichter Traum. - Die kleine Szene, die dann improvisiert wird, scheint nichts anderes zu sein als das, ein glücklicher Traum einer Frau; aber was dort in wenigen Augenblicken auf…
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Beschreibung
Zu dem Direktor einer heruntergekommenen Theatertruppe in einer argentinischen Provinzstadt kommt eine Frau, nicht mehr jung, aber merkwürdig zeitlos gekleidet und frisiert, und bittet ihn, ein Stück von ihr aufzuführen. Der routinierte Theatermann glaubt zu verstehen: eine Dilettantin, die rasch abzufertigen ist. Aber die Frau insistiert, es gehe nicht um Literatur, sagt sie, sie brauche kein Publikum. Einen Titel hat das nicht aufgeschriebene Stück auch, Ein verwirklichter Traum. - Die kleine Szene, die dann improvisiert wird, scheint nichts anderes zu sein als das, ein glücklicher Traum einer Frau; aber was dort in wenigen Augenblicken auf der Bühne geschieht, sprengt die Vorstellungen von Glück und Unglück und übersteigt alles Begreifen des erfahrenen Theatermanns. Davon muß er erzählen. Mit wenigen Strichen eine Gestalt in ihrer widersprüchlichen persönlichen Wahrheit hervortreten zu lassen, eine Konstellation zweier Menschen wie eingeätzt zu umreißen, herausgelöst aus allen vorgegebenen Mustern: diese Kunst Onettis, seine an William Faulkner geschulte atmosphärische Präsenz, ist oft bewundert worden. Heute, wo sein Lebenswerk vorliegt, ist deutlicher zu sehen, daß er einer der großen Erzähler des 20. Jahrhunderts ist, dessen Rang vielleicht am klarsten damit benannt ist, daß er die literarische Moderne und die Brüchigkeit der Formen nicht noch einmal nachvollzieht, sondern erzählend hinter sich läßt. Onettis Geschichten können immer wieder gelesen werden; sie entfalten sich dabei in ihrer Vielschichtigkeit, ohne das Geheimnis ihrer Wirkung ganz preiszugeben. Die Geschichten des Uruguayers, dessen Gestalt früh zur Legende wurde, scheinen einer umfassenden Schwärze abgewonnen. Die Themen jedenfalls sind zumeist auf der Nachtseite zu finden: Liebe und Sexualität in ihren dunklen, unglücklichen Formen, unentrinnbare Einsamkeit von Mann und Frau, Scheitern als Grundform der menschlichen Existenz. Und doch ist seine Prosa überaus dicht an Glücksmomenten ganz eigener Art: den Augenblicken sinnlich erfahrbarer Erkenntnis, die verknüpft bleibt mit der schmerzhaften, unsauberen Erfahrung des Lebens.Neben seinen berühmtesten Erzählungen enthält der vorliegende Band in deutscher Erstübersetzung sieben Geschichten aus den vierziger und frühen fünfziger Jahren sowie zahlreiche Erzählungen und Skizzen, die seit den siebziger Jahren und bis kurz vor seinem Tod entstanden sind.
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Produktdetails
Weitere Autoren: Dormagen, Jürgen (Übers.) / Mayer, Thomas Michael (Hrsg.) / Muster, Wilhelm (Übers.) / Poppenberg, Gerhard (Übers.)
- ISBN: 978-3-518-41079-0
- EAN: 9783518410790
- Produktnummer: 8513179
- Verlag: Suhrkamp
- Sprache: Deutsch
- Erscheinungsjahr: 2000
- Seitenangabe: 452 S.
- Masse: H21.7 cm x B13.8 cm x D3.6 cm 563 g
- Auflage: 2. A.
- Gewicht: 563
Über den Autor
Juan Carlos Onetti (geb. 1909 in Montevideo, Uruguay) ist vielfach und zu Recht als einer der bedeutendsten lateinamerikanischen Schriftsteller bezeichnet worden. 1932 erschien im Rahmen eines Literaturwettbewerbs eine Erzählung von ihm in der argentinischen Tageszeitung La Prensa. Sein erster Roman, El Pozo (dt. Der Schacht, 1989), folgte 1939 in einer Auflage von 500 Exemplaren. Er veröffentlichte insgesamt elf Romane und zahlreiche Erzählungen sowie zwei Sammlungen von Artikeln, von denen die Mehrzahl ins Deutsche übersetzt wurde. Bis 1975 lebte er abwechselnd in Buenos Aires und Montevideo, arbeitete unter anderem für die Nachrichtenagentur Reuter, war lange Jahre als Direktor der städtischen Bibliotheken in Montevideo tätig und publizierte regelmäßig in verschiedenen uruguayischen Zeitschriften. Erst mit dem Roman La vida breve (1950, dt. Das kurze Leben, 1978) erlangte er einen gewissen Bekanntheitsgrad, blieb aber noch viele Jahre lang eine Art Geheimtipp und erst in relativ hohem Alter wurden ihm Ruhm und Achtung zuteil. In La vida breve erschuf er den fiktiven Kosmos um die Stadt Santa María, der in vielen weiteren Romanen und Erzählungen auftauchen sollte. Während der Diktatur, die seit 1973 in Uruguay herrschte, wurde Onetti einige Monate lang in Haft gehalten. 1975 ging er mit seiner vierten Frau, der Geigerin Dorothea Muhr, ins Exil nach Madrid, wo er bis zu seinem Tod blieb und die Romane Dejemos hablar al viento (dt. Lassen wir den Wind sprechen, 1986), Cuando entonces (dt. Magda, 1989) und Cuando ya no importe (dt. Wenn es nicht mehr wichtig ist, 1996) veröffentlichte. Der uruguayische Nationalpreis für Literatur wurde ihm gleich zweimal verliehen: 1962 und nach der Rückkehr der Demokratie noch einmal 1985. Außerdem erhielt er 1980 den wichtigsten Literaturpreis der spanischsprachigen Welt: den Cervantes-Preis. 1994 erschien die erste Ausgabe der Cuentos completos (dt. Willkommen, Bob. Gesammelte Erzählungen, 1999) in Buenos Aires. Am 30. Mai desselben Jahres starb Juan Carlos Onetti 84jährig in Madrid. Fast alle großen Autoren Lateinamerikas erkennen Onettis Einfluß auf ihr eigenes Werk an, und von vielen wird er für den größten lateinamerikanischen Schriftsteller gehalten. Im Frühjahr 2005 erschien bei Suhrkamp der erste Band der Onetti-Werkausgabe mit Leichensammler und Die Werft in einer revidierten Übersetzung.Im Frühjahr 2007 folgte der zweite Band der Werkausgabe mit Das kurze Leben, Abschiede und Für ein Grab ohne Namen.
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