Messaufgaben heutiger dimensioneller Mikro- und Nanomesstechnik sind geprägt von zunehmend sinkenden Strukturgrößen und Bauteilabmessungen bei zugleich zunehmender Dreidimensionalität. Dies umfasst stark gekrümmte Oberflächen von Schneidkanten an Werkzeugen, Optiken und Mikrolinsen oder auch funktionale Oberflächen. Bestehende optische Sensorik oder taktile Profilometer werden den steigenden Anforderungen nicht gerecht aufgrund eines begrenzten erfassbaren Oberflächenwinkels, resultierend in steigender Messabweichung und nicht erfassten Punkten. Allein mikrotaktile 3-D- Tastsysteme erlauben die Erfassung von Winkeln bis 90°, bei jedoch begrenzter lateraler Auflösung. Der bestehende Ansatz zur Steigerung des erfassbaren Winkels, eine Datenfusion aus mehreren Messungen mit unterschiedlichen Sensorneigungen, ist zeitaufwändig und bringt zusätzliche Unsicherheitsbeiträge. Andere Verfahren wie eine Dekonvolution der Tastelementform sind in ihrer Effektivität begrenzt.Zur Steigerung des erfassbaren Winkelbereichs und der Vermeidung der Nachteile bestehender Ansätze wurde ein Verfahren entwickelt, das auf der Rotation eines Sensors um seinen Antastpunkt während der Messung basiert. Durch Nachführung des Antastwinkels, abhängig von der lokalen Oberflächenneigung, wird der Sensor stets im optimalen Arbeitswinkel betrieben und winkelbedingte Messabweichung wird vermieden. Das Verfahren erhöht den effektiv mit einem Sensor erfassbaren Oberflächenwinkel und erlaubt, 1-D Sensoren für 3-D Messungen zu nutzen. Die Sensornachführung wurde mittels einer Simulationsumgebung untersucht, die das Übertragungsverhalten eines taktilen Profilometers auf beliebigen Oberflächen abbildet. Zur Durchführung des Verfahrens wurden Strategien und Algorithmen entwickelt, um einem Oberflächenpunkt einen Rotationswinkel zuzuordnen. Die Simulationsergebnisse zeigen die erheblichen zu erwartenden Verbesserungen der Abbildungstreue durch die Sensornachführung.Die Übertragung in die Praxis erfolgte auf Basis eines Nanopositionier- und Nanomessgeräts. Kinematische Ketten zur Realisierung der Rotation wurden untersucht und als Optimum eine Stapelung zweier Drehachsen unter 45° Neigung identifiziert, die mittels Sensornachführung den erfassbaren Oberflächenwinkel auf ±90° in zwei Achsen erweitert. Zur Steigerung der Wiederholpräzision der Kinematik wurde ein in-situ Kalibrierkonzept auf Basis eines quasi-taktilen Sensors mit nanometeraufgelöster elektrischer Nahfeldwechselwirkung implementiert, um systematische Führungsabweichungen der Rotationskinematik zu kompensieren. Durch Verwendung des Kalibrierkonzepts konnte über den Rotationsbereich eine Ortsabweichung des Sensors PLTE nach ISO 10360:5 von ±69 nm in Richtung des Profilschnitts erzielt werden. Quer dazu wurden ±50 nm und in der Höhenachse ±43 nm realisiert, was die Basis für eine praktische Anwendung des Verfahrens sicherstellt. Auf Demonstratoroberflächen senkte die Sensornachführung gegenüber einer klassischen Messung mit statischer Sensorausrichtung signifikant die Messabweichung über die komplette Oberfläche. Bei einem Kugelartefakt konnte die auftretende Abweichung in der Summe um 99% gesenkt werden. Unter Berücksichtigung der Messabweichung durch die Positioniergenauigkeit der Rotationskinematik ist ein Einsatz des Prinzips schon ab einer einstelligen Oberflächenneigung gewinnbringend, auf dem Kugelartefakt schon ab 1,4°.