Monte Hellman ist für viele Fans und Kritiker der zu wenig beachtete Grand Seigneur des amerikanischen Independent-Kinos. Seine Filme gelten bis heute in Fachkreisen zugleich als Kuriosum und Faszinosum. Für einen seiner prominenten Bewunderer, Quentin Tarantino, ist Hellman der Regisseur, der es am meisten verdient hätte, wieder entdeckt zu werden; für den Kritiker Kevin Thomas ist er nichts weniger als das am besten gehütete Geheimnis Hollywoods. Dem breiten Kino-Publikum ist das Werk Hellmans tatsächlich weitestgehend unbekannt. In den ausgewählten Filmtheatern, bei diversen Festivals bzw. weltweit stattfindenden Retrospektiven zu Ehren des Filmemachers, im Rahmen derer die Klassiker, wie z.B. The Shooting oder Two-Lane Blacktop gezeigt werden, sorgen diese allerdings immer noch für konträre Reaktionen: von Verstörung über Befremden bis zu schierer Begeisterung. Nie jedoch lassen diese Filme den Zuschauer kalt, polarisieren oft, garantieren stets eine besondere Film-Erfahrung. Hellmans Kino verortet sich einerseits ganz in amerikanischen Genre-Traditionen und bedient damit Sehgewohnheiten des am populären Kino geschulten Publikums. Andererseits zerstören seine Werke die filmischen Konventionen mit Nachdruck oder verkehren diese in deren oft absurdes Gegenteil. Letztendlich rühren die Hellmanschen Filmbilder an den innersten Gesetzmäßigkeiten des Mediums und problematisieren mit Vehemenz einen traditionellen, maßgeblich durch den klassischen Hollywood-Film geprägten Kino-Blick. In dieser ersten ausführlichen deutschsprachigen Studie zu Monte Hellman taucht Ingo Lehmann in diese paradoxen Filmwelten ein und richtet anhand der gezielten Analyse der drei bekanntesten Filme des Regisseurs den Fokus besonders auf dessen nachhaltigste Schaffensphase in den 1960er und '70er Jahren. Es wird hierbei nicht nur der oft zitierten geistigen Verbindung Hellmans zur existentialistischen Weltsicht oder zum Theater des Absurden z. B. eines Samuel Beckett Rechnung getragen, sondern besonders auch regelmäßig wiederkehrenden experimentellen und intermedialen Tendenzen nachgegangen. Über unterschiedliche Fährten werden hinter der brüchigen Fassade des Genrefilms so die markante Stimme und die vision du monde eines wahren Film-Autors verständlich. Dieser scheint sich nicht damit zu begnügen, den Zuschauer in illusionistische Genre-Geschichten zu entführen. Vielmehr nutzt Hellman diese und deren Formenrepertoire, um einen einzigartigen, originär filmischen und - wie sich herausstellt - damit zutiefst humanistischen Blick auf das tragische Zur-Welt-Sein des modernen Individuums zu ermöglichen.