Grundsätzlich muss in der Designtheorie zwischen einem enggefassten und einem weitgefassten Designbegriff unterschieden werden - und zwar im folgenden Sinne: Beim enggefassten Designbegriff werden die aktuellen gesellschaftlichen Verhältnisse nicht mitthematisiert, sondern affirmativ vorausgesetzt. Dieser Designbegriff ist somit kein philosophischer, da er kein Problem mit der Wirklichkeit hat, sondern sie lediglich bedienen will. Der Designpraktiker erhofft sich von einem Designtheoretiker (der mit diesem enggefassten Designbegriff operiert) Antworten auf Fragen folgender Art: Wie weit darf man in seiner Werbung gehen, ohne dabei die religiösen Gefühle potenzieller Kunden zu verletzen, was dann negative Auswirkungen auf den Verkauf des Produktes haben könnte? Wie lassen sich Kommunikationsabläufe innerhalb eines Betriebes durch intelligentes Design weiter rationalisieren? Welche Designtrends werden in naher Zukunft zu erwarten sein? Welchen Anforderungen müssen Bedienungselemente der Alltagstechnik genügen, so dass sie problemlos auch von älteren Menschen bedient werden können? Bei diesem enggefassten Designbegriff sind Fragen nach Ästhetik, Ökonomik und Ethik affirmativ im Hinblick auf ökonomisch durchsetzbare designpraktische Lösungen gestellt.Auf einer ganz anderen Ebene liegen die Fragen, um die es beim erweiterten Designbegriff geht, den man auch den philosophischen nennen könnte. Der mit ihm verbundene Forschungsbegriff betrifft die Grundlagen des Designs. Als philosophischer Designbegriff geht es bei ihm nicht zuletzt um die Konstitution von Wirklichkeit. Heute haben viele Designer (die mit dem enggefassten Designbegriff operieren) lediglich den bornierten Wunsch, ein neues Produkt auf den Markt zu bringen - und das Wissen dazu soll ihnen die Designtheorie liefern. Im Gegensatz zu diesem anspruchslosen und sachfernen (da lediglich marktökonomisch gefassten) Designbegriff will die Sektion Design in der Deutschen Gesellschaft für Semiotik (DGS) wieder an die Tradition und den Anspruch der großen Designer des 20. Jahrhunderts anknüpfen. Denn Designern wie William Morris von der Arts & Crafts Bewegung oder Walter Gropius, Le Corbusier und Oscar Niemeyer war stets klar, dass Design nicht nur bedeutet, ein Haus, ein Plakat oder einen Film zu gestalten. Es gilt vielmehr, diese Elemente zu verstehen als Teil eines Ganzen, das als solches noch zu schaffen ist. Der Designer muss somit die Vorstellung eines gesellschaftlichen Ganzen haben, zu dem seine Teile dann passen sollen. Semiotische Designtheorie und -forschung findet auf unterschiedlichen Ebenen statt, die beide in der Sektion Design vertreten sind. Einmal im Grundlagenbereich. Hier steht sie der theoretischen und praktischen Philosophie nahe. Zweitens auf angewandter, strategischer Ebene, dort geht es um Designtheorie zum Zwecke konkreter Problemlösungen.Das Rahmen-Thema beim 13. Internationalen Kongress der Deutschen Gesellschaft für Semiotik (DGS) in 2011 lautete: Repräsentation - Virtualität - Praxis. Dabei kooperierte die Sektion Design in der DGS mit der Sektion Wirtschaft der DGS (die von Klaus Bernsau geleitet wird) und arbeitete dort in einer gemeinsamen Sektion. Daraus ergaben sich spezifische Fragestellungen mit disziplin-übergreifenden Schwerpunkten.Die Beiträge der Kongress-ReferentenJene drei Aspekte wurden in der Ausschreibung zur Sektion formuliert, um zu Beiträgen einzuladen, welche sich gegenseitig kritisch befruchten können. Die gemeinsame Sektion Design+Wirtschaft auf dem Semiotik-Kongress 2011 in Potsdam wurde dem Ansinnen der zugleich inspirierenden und kritischen Diskussion in hohem Maße gerecht.