Zwei Geistesgrößen im Gespräch: Hier Arno Schmidt, der mit vielen Preisen ausgezeichnete Sprach-Experimentator und Schöpfer des epochalen Werks Zettels Traum. Dort Hans Wollschläger, bekannt durch seine Karl-May-Forschungen und seine kongeniale Übersetzung von James Joyces Ulysses, auch er ein begnadeter Stilist und Essayist. In der vorliegenden Hör-Collage kommen beide im Rahmen eines Zwiegesprächs zu Wort, das zwei interessierte Leser - ganz im Stile der Schmidt'schen Radioessays - über die Protagonisten führen. Es fußt auf dem mehrere hundert Seiten umfassenden, bislang - bis auf wenige Zeugnisse - unveröffentlichten Briefwechsel zwischen Schmidt und Wollschläger.Schmidt unterhielt mit Wollschläger eine lange und intensive Arbeitsbeziehung. Berührungspunkte waren das gemeinsame Interesse an Edgar Allan Poe, James Joyce, vor allem aber an Karl May. In den 1950er Jahren avancierte Schmidt zu einem erbitterten May-Kritiker. An der Rigorosität und der aggressiven Strenge, mit der Schmidt 1957 über May in der FAZ urteilte, entzündete sich ein brieflicher Disput mit Hans Wollschläger, der damals für den Karl-May-Verlag in Bamberg arbeitete. Im folgenden Jahr, nach etlichen Briefen, drängte Schmidt Wollschläger zur Abfassung einer Karl-May-Biografie. Hierauf entstand als erste Buchveröffentlichung Wollschlägers 1965 eine Rowohlt-Bildmonographie über Karl May, die seither zahlreiche Auflagen erlebte und May für die Literaturgeschichte rehabilitierte. Schmidt bezeichnete diese erste solide Biographie Karl Mays als Vorfrühling der May=Forschung und lobte die ununterdrückbare Fähigkeit des Verfassers zu eleganten Formulierungen sowie dessen unverkennbar bereits trainierte Kunst der Materialkomprimierung.Inzwischen standen beide - Wollschläger hatte Schmidt zum Jahreswechsel 1961/62 in Bargfeld besucht, ab 1963 übersetzte man gemeinsam Edgar Allan Poe - in einem ausführlichen Briefwechsel. In ihm nimmt der über zwanzig Jahre ältere Schmidt die Rolle eines Mentors ein, der seinen Kollegen Wollschläger in Übersetzungs-, aber auch Honorarfragen berät. Vor allem ermuntert er ihn, trotz aller Widrigkeiten, der Literatenlaufbahn treu zu bleiben und sein Romanprojekt Herzgewächse oder der Fall Adams nicht aufzugeben.Die Korrespondenz gewährt Aufschluss über die Lebensverhältnisse und Temperamente der Briefschreiber und enthält erhellende Exkurse über den damaligen Literaturbetrieb. Einen Eindruck von Schmidts Lehrerrolle gibt sein Schreiben vom 1. März 1960: Lieber Herr Wollschläger, Sie leben noch in Arkadien! ... Sie werden einmal, genau wie ich, von Ihren eigentlichen ernstzunehmenden Büchern auch nicht ,leben' können! - aber auf die 10 jungen Leute kommt es an, die, eventuell, später einmal etwas von Ihren neu ersonnenen Griffen & Kniffen gebrauchen können. Und eben=Diesen, (meist hoffnungslos von kurios=dürftigen ,Elternhäusern' gehandicapt; nur mit albernen oder schlechten Büchern bekannt... gilt es, sich, und zwar leicht & einprägsam, verständlich zu machen. Also muß man einfach brutal vorgehen. Walter Gödden